Geschichte der Kirche
Der Ort Wellendingen wird 1259 erstmals urkundlich erwähnt. Kirchlich gehörte er zunächst zur Pfarrei St. Pelagius in Rottweil-Altstadt. Eine dem hl. Ulrich, dem Bischof von Augsburg, geweihte Kirche ist zum ersten Mal 1469 belegt. Mitte des 16. Jahrhunderts trennte sich die Pfarrei von St. Pelagius. Sie wurde selbständig und erhielt einen eigenen Pfarrer. Das Patronatsrecht übte jeweils der ortsansässige Adelsherr – die meiste Zeit die Freiherren von Freyberg – aus.
Die Kirche wurde mehrfach umgebaut. Der Chorraum wurde 1840 umgestaltet. 1863 -1864 wurde unter Einbeziehung des Turms und des Chorraums ein Querbau erstellt. Der Turm, von dem nicht bekannt ist, wann er errichtet wurde, dürfte das älteste Bauwerk in Wellendingen sein.
1922/23 wurde die Kirche innen renoviert.
Im Herbst 1935 übernahm Pfarrer Eugen M. Neu, der aus Rottenburg stammte, die Pfarrstelle. 1936 entschieden die Diözese – Bischof Johannes Baptista Sproll – und die örtlichen Kirchenvertreter, eine neue Kirche zu bauen. Die alte, baufällig gewordene und zu kleine Kirche musste abgerissen werden. Die Bauplanung wurde dem Rottenburger Architekten Martin Schilling übertragen. Pfarrer Neu scheute keine Mühen angesichts der widrigen Umstände, die Baugenehmigung zu erhalten und die Finanzierung des Bauvorhabens zu sichern.
Am 20.04.1937 wurde mit den Bauarbeiten begonnen, nachdem die Genehmigung der Reichsarbeitsverwaltung in Berlin erteilt wurde. Schon am 05.12.1937 nach einer erstaunlich kurzen Bauzeit konnte Weihbischof Franz Josef Fischer die neue Kirche weihen. Pfarrer Neu gelang es, die Kirchengemeindemitglieder zur tatkräftigen Mithilfe beim Bau zu bewegen. Unablässig startete er Spendenaktionen. 1943 konnte er dem Bischöflichen Ordinariat melden, dass die Kirchengemeinde alle Bauschulden getilgt habe.
Von der alten, teilweise abgebrochenen Kirche wurden einige Figuren und Teile der Orgel in die neue Kirche übernommen. Die weitere Ausgestaltung des Innenraums der Kirche und der Taufkapelle begann schon 1939. Dazu zählt auch die Pieta in der Taufkapelle. Es ist ein Werk des Oberammergauers Bildhauer Guido Mayr. Die Kosten wurden von Stiftern übernommen.
Der Rottenburger Bildhauer Josef Walz erhielt 1941/42 den Auftrag, den Chorraum zu gestalten. Nach seinem Tod 1943 übernahm sein Bruder Richard die weitere Gestaltung nach dessen Plänen. Die Arbeiten wurden durch das Kriegsgeschehen erheblich erschwert und beeinträchtigt. Im Sommer 1945 konnte unter abenteuerlichen Umständen die überlebensgroße Christusfigur mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen von Rottenburg nach Wellendingen befördert und im Chor angebracht werden. Am 15. August konnte sie feierlich geweiht werden. Kunstmaler Bernhard Wäschle aus Rottweil hat den Chorraum und die Figuren farblich gestaltet.
„Der Hochaltar-Bildhauer Walz und der Kunstmaler Wäschle – kosteten 8 000 RM, die von den Pfarrkindern gestiftet wurden“, so ist in der Pfarrchronik zu lesen.
Im Chorraum ist das Kommen des Menschensohnes am Ende der Zeit dargestellt (LK 21,28). In vielen Kirchen finden sich endzeitliche Darstellungen. die berühmteste ist Michelangelos Jüngstes Gericht in der Sixtinischen Kapelle in Rom, die hier auch als Vorbild diente.
In den Jahren 1945 bis 1947 erhielt Kunstmaler Wäschle von Pfarrer Neu den Auftrag, an den beiden Seitenwänden Apostelbildnisse anzubringen und die Seitenaltäre bildlich zu gestalten. 14 Apostelbildnisse, in Frescotechnik gemalt, zieren nun die Flächen zwischen den Säulenbogen des Kirchenschiffs. Im linken Seitenaltar sind der Patron der Kirche, der hl. Ulrich Bischof von Augsburg und die Nebenpatrone Don Bosco und Bruder Konrad von Parzam dargestellt.
Im rechten Seitenaltar befindet sich jetzt eine Figurengruppe der Heiligen Familie – ein heiliger Wandel – aus der Bildhauerwerkstätte des Schömberger Künstlers Urban Faulhaber. Das Fresco von Kunstmaler Wäschle wurde überstrichen. Im Altarunterbau, hinter der Holzverkleidung, befindet sich eine Figur des hl. Bonus mit dessen Reliquien.
Im November 1946 – in der unmittelbaren Nachkriegszeit – wurde in der Kirche ein Passionsoratorium aufgeführt. Dieses, im Volksmund „Passionsspiel“ genannte Schauspiel hinterließ in der Bevölkerung in weitem Umkreis große Beachtung. Wegen des Erfolges musste es wiederholt werden. In den Hauptrollen spielten Mitglieder der Schauspielerfamilie Faßnacht aus Herrlingen bei Ulm. Der musikalische Teil und die Nebenrollen wurden von einheimischen Kräften gestaltet. Insgesamt wirkten 170 Personen mit.
Im Jahr der Währungsreform – 1948 – wurde ein Geläut mit vier Glocken angeschafft. Großzügige Spenden halfen auch hier, trotz der neuen Währung. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind zweimal die Glocken dem Rüstungswahn zum Opfer gefallen.
Ebenfalls 1948 wurde das von Maximilian Bartosz, Konstanz entworfene und von W. Derix, Rottweil gefertigte Engelkonzertfenster auf der Südseite der Kirche über der Orgelempore angebracht.
Die Neugestaltung des Eingangsportals auf der Südseite erfolgte 1950. Die Reliefs in den Türen aus Eichenholz schuf der Bildhauer Heinrich Schneider aus Rottenburg. Die Kosten übernahmen wie gewohnt Stifter.
1951/52 wurden an allen vier Seiten des Turms Zifferblätter angebracht. Die Kosten für die neue Turmuhr trug zu drei Viertel die politische Gemeinde.
Beim Tod von Pfarrer Neu am 22.05.1955 waren die kirchlichen Gebäude in einem Zustand, der ein geordnetes Kirchenleben zuließ.
In den folgenden Jahren musste das Kirchengebäude außen (1978) und 1986 (innen) renoviert werden. Die neue Orgel mit Prospekt wurde 1988 geweiht. Eine beachtliche Spende von Dipl.Ing. Anton Kunzmann, dem Kirchenchordirigenten, half bei der Finanzierung,
Am 29. September 1996 weihte Generalvikar Eberhard Mühlbacher das Gemeindezentrum St. Ulrich ein. In dem von der alten Kirche stammenden Kirchenschiff wurde ein Pfarrsaal eingerichtet. Im neu erstellten Anbau befinden sich Räumlichkeiten für die verschiedenen Aktivitäten der Kirchengemeindemitglieder.
Auf dem Platz des 1970/71 neu errichteten Pfarrhauses befanden sich das alte Pfarrhaus und die Pfarrscheuer. Beide, das Ortsbild prägende Gebäude mussten dem Neubau weichen.
Zur Pfarrgemeinde St. Ulrich gehören 1118 Mitglieder (Stand 2020).