Abschiedsbrief an die SE Abba
Liebe Schwestern und Brüder im Herrn,
vor 28 Jahren wurde ich als Pfarrer in St. Pelagius eingeführt. Nun habe ich unseren Diözesanadministrator Dr. Clemens Stroppel gebeten, mich vom Amt des Pfarrers unserer SE Abba zu entpflichten.
Die letzten fünfeinhalb Jahre waren für mich nicht einfach. Da ist zum einen meine Erkrankung. Dann wurde unsere Seelsorgeeinheit Abba mit acht Gemeinden zusammengeführt. Gleich darauf kam die Corona-Pandemie. Nachdem meine Erkrankung nun zum dritten Mal aufgetreten ist und nachdem ich schon so viele Jahre in Rottweil bin, werde ich von Rottweil weggehen und in einer Sabbat-Zeit schauen, wie es weitergehen kann. Ich denke auch, dass es für unsere SE Abba besser ist, wenn der Weg frei ist für einen Pfarrer, der seinen Dienst voll und ganz ausüben kann.
Ich weiß, dass seit Beginn meiner Erkrankung und besonders auch seit Weihnachten 2023 so viele von Ihnen für mich gebetet haben. Ich habe mich getragen gefühlt vom Gebet der Gläubigen und dafür bin ich Ihnen von Herzen dankbar.
In den letzten Monaten habe ich dankbar zurückgeschaut auf die vielen Jahre in Rottweil. Besonders den „unteren Gemeinden“ bin ich dankbar, dass sie mich auch und gerade in den Anfangsjahren ausgehalten haben. Auch ein Pfarrer fällt nicht vom Himmel und muss vieles lernen, vor allem auch menschlich. Von Herzen bitte ich auch um Vergebung, wo ich über das Ziel hinausgeschossen bin oder wenn sich jemand von mir nicht gut behandelt gefühlt hat.
Dankbar bin ich für das gute Zusammenspiel in unserer Seelsorgeeinheit Abba mit den Gewählten Vorsitzenden, den pastoralen Mitarbeiterinnen und den geistlichen Mitbrüdern, den Pfarramtssekretärinnen, den Mesnerinnen und unseren Kirchenmusikern und den Kirchengemeinderäten. Dabei denke ich an die vielen wunderschönen Gottesdienste, die wir feiern durften, wo sich wirklich Himmel und Erde verbunden haben. Gerade unseren Organisten, Chorleitern und Chören gilt ein herzliches Vergelt’s Gott! Eine große Freude waren mir unsere Ministranten und die Begegnung mit den Kindern und Jugendlichen auf dem Weg zur Erstkommunion und Firmung. Dazu die vielen, die sich auf ganz unterschiedliche Weise in unseren Gemeinden engagieren und einbringen. Nicht vergessen will ich die Treuen, die an der Sonntagsmesse festhalten und ihren Glauben an Gott bezeugen. Allen möchte ich von Herzen Vergelt’s Gott sagen!
Auch wenn in den letzten Jahren die Arbeit am Schreibtisch überhandgenommen hat, so habe ich doch versucht, an meinen Schwerpunkten festzuhalten: an einer schönen, feierlichen Liturgie, an der Verkündigung des Evangeliums vom Reich Gottes und an der Seelsorge. Es war mir wichtig, meine Liebe zur Messe und zur Bibel an Sie weiterzugeben.
Natürlich haben sich in diesen Jahren in der Kirche in unserem Land, in unserer Diözese und in unseren Gemeinden Entwicklungen ergeben, die beängstigend sind. Wir sehen es ja selber Sonntag für Sonntag in unseren Gemeinden. Dazu kam die Kirchenaustrittswelle 2022/23, in der ich mich fragte, was da am Ende von unseren Gemeinden noch übrig bleiben wird.
Was also hält das Ganze noch zusammen? Gibt es noch Hoffnung? Ich kann nichts anderes sagen als das, was ich so oft gesagt habe. Das Kostbarste und Wichtigste, was wir haben, ist unser Glaube an Jesus Christus, die Feier der heiligen Messe und das Wort Gottes in der Gemeinschaft der Kirche. Das kann uns niemand nehmen, auch wenn wir mehr und mehr zueinander kommen müssen, was ja an anderen Orten der Weltkirche und in anderen Kirchen ohnehin der Normalfall ist. Die Frage ist also: Was ist mir der Glaube an Gott und die Gemeinschaft im Glauben wert?
Darüber hinaus gibt es auch Zeichen der Hoffnung. Ich denke besonders an die Alpha-Kurse in unserer Seelsorgeeinheit Abba. Hier wird das verwirklicht, was Papst Franziskus in seinem Brief 2019 an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland geschrieben hat: die erste Priorität ist eine neue Evangelisierung.
Ein anderes Hoffnungszeichen ist, wenn in den Kirchengemeinden die Eucharistische Anbetung gepflegt wird oder auch der Abend der Barmherzigkeit (in Wellendingen). Da erleben wir eine Kirche, die in Bewegung ist und sich um das Wesentliche versammelt: um die Botschaft Jesu und um die Sakramente, die er gestiftet hat.
Was die Zahlen angeht, werden wir die Entwicklung aus unserer eigenen Kraft nicht aufhalten können. Man sagt ja, wir sollten keine „Zählsorge“, sondern Seelsorge betreiben. Aber unsere persönliche Teilnahme am kirchlichen Leben, unsere Freude am gemeinsamen Gottesdienst und am Wort Gottes, das haben wir selber in der Hand. Dabei dürfen wir an das Wort Jesu denken: „Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben“ (Lk 12,32). Was wollen wir mehr, als dass uns der Herr das Reich Gottes vermacht? Aber wir müssen halt auch hineingehen wollen.
Meine persönliche Situation erlaubt es derzeit nicht, einen Abschiedsgottesdienst zu halten. Wir werden sehen, ob wir das im neuen Jahr nachholen können. Gott segne Sie und Euch!
In großer Dankbarkeit
Thomas Böbel